Mittwoch, 18. Januar 2017
Nicht auf Bilder ausweichen sollte ich, wenn mir Worte fehlen, wenn ich nichts zu sagen weiß?
Nachtrag. – Seit ein paar Wochen habe nun endlich auch ich ein Smartphone. Vorbei die Zeit der Angst, dass ich aus der Welt fallen könnte. Auch ich bin nun eingetragen ins Protokoll der globalen Überwachung und tue alles, um meine Standorte klar und deutlich zu markieren. Jetzt, wo es bitterkalt geworden ist ringsum, habe ich mir eine App "heruntergeholt" (schäm dich!), die mir, wo immer ich gehe und stehe, die Temperatur (die Außentemperatur natürlich) anzeigt, so dass ich jederzeit gewappnet bin gegen eventuelle Kälteeinbrüche, Hitzestau, Schneeschmelzen usw. Das Raffinierte an der Sache ist, dass diese "App" sofort meine Koordinaten ortet, die nächstliegenden Temperaturmesser, die sie offenbar alle kennt, abfragt und mir dann in der gleichen Sekunde (oder höchstens eine Sekunde danach) den genauen Messwert in Celsius und Fahrenheit zu Füßen legt bzw. aufs Smartphone appliziert. Erstaunt es angesichts solcher Dienstfertigkeit, dass ich seither alle paar Minuten das Handy zücke und genau kontrolliere, um wieviele Einheiten sich der Messwert verschoben hat, und zwar hier, wo ich gerade stehe, und hundert Schritte weiter, wo vielleicht schon die nächste Messstelle zuständig ist – mit dem durchaus gesundheitsfördernden Effekt, dass ich mich nicht nur in ständiger mentaler, sondern auch in physischer Bewegung halte.
Dienstag, 17. Januar 2017
Feuerspeier – Apokalyptisches Erwachen, 8:51h. (Habe ich nicht vergangene Nacht vom Trump-Tower geträumt?)
Montag, 9. Januar 2017
Es gibt Bücher, die ich nach zwei, höchstens drei Seiten zuklappe. Nicht weil ich sie nicht mag, sondern um das Gelesene nachhallen zu lassen (bevor es, wie fast alles bei mir, allzuschnell wieder aus dem Gedächtnis verschwindet).
Bücher "verschlingen" kann ich nicht. Mein Kannibalismus sättigt sich (wenn überhaupt) in anderen Distrikten.
Was schon gar nicht geht: "diagonal lesen". Wenn schon, zupfe ich ein paar wenige Absätze heraus, die ich mir gleichsam vorlese. Weniger "pars pro toto", als: "pars contra totum."
.
Sonntag, 8. Januar 2017
Narrative. – Nachdem man sich jahrelang in "Diskursen" ergangen und sich in alle möglichen und unmöglichen Szenarien "eingeschrieben" hat, ist nun das "Narrativ" an der Reihe. Aus den Schonzonen der Diskurs- und Einschreibspezialisten ist es übergeschwappt in die medialen Seichtgebiete. Der hinterste und letzte TV- und Radiomoderator plappert nun von Narrativen, als ob sie ihm in die Wiege gelegt worden wären. Es ist höchste Zeit (Vorsatz 1), sich endlich dem Erzählen zu verweigern!
"Berichte", wie der jüngste von Nooteboom (533 Tage, Berichte von der Insel), sind mir lieber als "Romane", die sich meistens nur "Roman" schelten, damit sie in die idiotischen Sparten der Warenhaus-Buchhandlungen Eingang finden. Wetten, dass trotzdem Nootebooms Bericht in besagten Buchhandlungen unter den "Romanen" zu suchen ist?
Samstag, 7. Januar 2017
Bei dieser Gelegenheit ist mir aufgefallen, zu welchem Artenreichtum es die menschliche Gattung gebracht hat: Menschen mit Bart, Menschen mit Glatze, Menschen wie du und ich, Frauen, Kinder, Menschen mit Hut, Menschen mit Kinderwagen, mit und ohne Tattoos, Menschen, die mit sich selber reden, Menschen mit Handys, Menschen mit Smartphones, Menschen mit Iphones … Smombies.
Freitag, 6. Januar 2017
Stadttheater. – Heute war wieder ein unglaubliches Theater, draußen über der Stadt. Die Sonne gleißte (ja: gleißte) von Süden her über die Dächer, mit horizontaler Härte und jedes Auge gnadenlos blendend. Und alles einschwärzend und eindunstend, was unter dem Horizont liegt. Der Sonnengott ist ein Tyrann! Wer sich anmaßt, ihm ins Auge zu blicken, wird blind. Durch den Dunstschleier unzählige Rauchwölkchen sich hocharbeitend, bis sie, aufgebend, im Diffusen verschwimmen. Dagegen, aus den hohen Kaminen, die paar graubraunen Dampfsäulen, die das Gelände beherrschen, sich triumphierend ins Himmelsgewölbe einzeichnen, bevor auch sie, seitwärts abschwenkend, verbleichen und kreideweiß sich der Lichtgewalt beugen. Daneben, von Menschenhand der Turm, gewohnt, sich allen, so weit ihr Auge reicht, als weißes Wahrzeichen aufzudrängen. Der Turm – zur Ruine verkommen, die sich, eitel wie sie bleibt, im Dunst zu spiegeln versucht.
Und alles portofrei und gratis!