Tagebuch - Juli 2017

Montag, 10. Juli 2017

Trumps Twitterei hat mir die Sprache verschlagen, mich auf Monate lahmgelegt. – Kann man nach diesen Schwällen großmauliger Meinungsbekundungen noch ernsthafte Äußerungen kundtun wollen? Bad, too bad!

Trump – Leviathan

Alles an sich reißen und alles 
auffressen und alles
verschlingen. Kein Wehen 
im Hain mehr. Drinnen
der Hain und drinnen
das Wehen. Und draußen 
nichts mehr.

(Kuno Raeber: Drinnen und draußen. In: Reduktionen. 1981)

und wer's pikanter möchte, halte sich an die Sage von Kaiser Nero und seinem Frosch:

„Nicht dass ihr glaubt,
ich, der ich Alles leiste, 
brächte dies nicht zustande, 
was meiner Mutter gelang: 
einen Sohn aus meinem Leib zu gebären.
...“

Spricht der Kaiser und bricht in das von den Ärzten 
schnell untergebreitete Goldtuch 
den Frosch mit Blut und vielem Gekotze.

„So aus Kot wächst die Schönheit, 
der Gott steht am Ende“
stöhnt der Kaiser,
indes man den Frosch in Prozession 
bringt in die vorbereitete Kammer an der äusseren Mauer, 
Damit er dort, wachsend hinterm goldenen Gitter, 
empfange die Huldigungen des ein- und ausziehenden Volkes.
...

(Kuno Raeber: Neros Frosch, unpubliziert)

Freitag, 7. Juli 2017

„Es war ein Tag von geradezu entsetzlicher Schönheit …“
(Gerhard Meier: Land der Winde)

– was für ein entsetzlich schöner Satz, der absolut für sich stehen müsste, ohne Begründung und ohne mildernde Fortsetzung.
Vorschlag für ein Ein-Satz-Buch! Unabdingbar aber dazu der Name des Autors. Dieser Satz gehört zur Stimme eines Autors, der in aller Skepsis von einer unerschütterlichen Weltfrömmigkeit beseelt ist. Einer Frömmigkeit, die es Gott zutraut, für eine Tageslänge die Hügel, Berge, Bäume, Häuser einem Mann namens Joseph Mallord William Turner zu überlassen, der sie „in Duft und Klang zu verwandeln“ vermag.