Tagebuch 2013

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Nachdem der Weihnachts-Countdown abgelaufen und die Katastrophe ausgeblieben ist, können wir uns auf die letzten Tage und Stunden des Jahres konzentrieren und somit dem Neujahr entgegenbangen, wo dann wirklich etwas geschehen muss. Wenn nicht, werden wir uns unvermittelt an den Oster-Countdown machen, damit es die Ostereier und Osterhasen frühzeitig in die Regale schaffen.
Ausserdem schifft es heute den ganzen Tag, so dass genügend Zeit für aufbauende Lektüre bleibt.
 

Donnerstag, 26. Dezember 2013

Zu meinem Erstaunen sind die Weihnachtstage noch immer nicht vorüber, weshalb es auch immer noch weiter schifft.
Wieso macht mich ausgerechnet die Weihnacht, das Fest der Liebe, von allen christlichen Festtagen am aggressivsten?

Gestern haben wir uns die dreistündige Rede Himmlers vom 4. Oktober 1843 angehört. Auch eine Art Heilsbotschaft: Treue, Ehre, Verantwortung, Unbestechlichkeit, Kameradschaft, Glaube – die Kardinaltugenden für jeden SS-Mann, und wer sich nicht daran hält, wird eliminiert. Es hat nicht geklappt. Wie wär's mit Liebe, Mitleid, Hoffnung – schwache Medizin, wie die Geschichte zu belegen scheint.
 

Freitag, 27. Dezember 2013

"Mein" Countdown-Zähler. Ich habe ihn abgerichtet, auf den 31. Dezember 2013, und nun läuft er, unerbittlich, ohne mein Dazutun. Mag passieren, was will. Ich kann – Sie können – den Computer anhalten, ausschalten, wieder einschalten, der Countdwown läuft weiter. So war es ja, wie viele Theologen glauben, mit Gott und der Welt. Diese tickt weiter bis zur Stunde Null. Angestachelt (und vergessen) von irgend einem fernen Server aus.

"Mein" Countdown-Zähler ist allerdings kein Weltenuhrwerk. Er ist nicht immer und überall, sondern nur dann, wenn ich mein eigenes Tagebuch lese. Nur wenn Sie mein Tagebuch lesen. So habe ich es befohlen, und man kann mir vertrauen. Ein lächerlich harmloses Ding also, das hier Schicksal spielt, lächerlich im Vergleich mit all den anderen, unsichtbaren Countdowns, die in unsern Kisten ticken und unsere Koordinaten vermessen und an berufener Stelle, damit wir nicht vergessen gehen, vermelden.
 

Dienstag, 31. Dezember 2013

Zum Jahresende serviert die NZZ den Witz des Jahres:

Kapitalismus für alle!

Beigesteuert hat ihn Peter A. Fischer (nachzulesen: Nr. 303, Meinung und Debatte, S. 17). Dem Autor war es vermutlich sogar ernst mit seinem Vorschlag für ein besseres Jahr 2014. Wir stoßen mit ihm an: Auf einen segensreichen Kapitalismus!