Donnerstag, 10. August 2017 (Archivschiff)
Und heute der totale Schiff. Morgens, mittags, nachmittags. Bindfäden. Erbarmungslos. Der ganze Hitzestau wird runtergespült, dass es nur so gluckert.
Dabei ist dies mein wöchentlicher Archivtag, mein Ausflugstag in die Bundesstadt. Ich liebe Bern von der freundlichen Seite. Ich flaniere unter den Lauben zum Bärenplatz ohne Bären, vorbei am Bundeshaus (wo ich mir immer kurz als ein geschäftiger Parlamentarier vorkomme), später über die Brücke, die sich mit Auffangnetzen gegen die Berner Selbstmörder gewappnet hat, zum Helvetiaplatz und weiter, rechts abbiegend, aber (des Schattens wegen) links gehend, bis zur Nationalbibliothek, wo in der oberen Etage das Schweizerische Literaturarchiv (Zutritt nach Voranmeldung!) residiert (genauer: residieren wüde, wenn nicht wegen Einsturzgefahr von einem Tag auf den andern der hochspezielle Archiv-Lesesaal ins Parterre ausgelagert und allda dem trivialeren Nationalbibliothekslesesaal eingelagert hätte werden müssen, so dass jetzt nur noch die eigens angebrachten Schildchen auf den hintersten Tischreihen auf die Exklusivität der dort Ansäßigen aufmerksam machen).
So schön also wäre das alles auch heute, wenn ich nicht so verschifft würde und mit tropfnassen Hosen ins Tram müsste, das dann auf der Brücke (nicht der Selbstmörderbrücke!) stecken bleibt, weil alle Trams stecken bleiben bis hinauf zum Bankverein (kein Wunder!), so dass wir Insassen die Erlaubnis zum irregulären Ausstieg vom Tram in den Schiff erhalten, wo wir uns nun mit Schirm und Rucksack rudernd Richtung Bahnhof absetzen. — Schön ist das nicht, aber es gibt was zu erzählen, sogar später in Bern, wenn ich dort angekommen sein und die Hosen trockengesessen haben werde.
Freitag, 11. August 2017
Winterastern. – Wenn ich, botanischer Analphabet, der ich bin, mir unter «Winterastern» bloß etwas vorstellen könnte. Vielleicht würde ich dann etwas leichter durch Meiers Amrainer Tetralogie segeln, wo diese Dinger an des Protagonisten «Ostwand der Seele» hangen und mehr als ein halbes Hundert Mal von dort herüberwinken. Sie werden – ihr Urbild – von Dreischwestern auf Armen getragen und sprießen am Ende auf Baurs Grab, als «porzellanfarbene», was mir die Sache vielleicht nicht luzider, aber doch sicher noch wohltönender macht. – So ist es halt mit der Poesie, man versteht sie, auch wenn man sie nicht versteht.
Samstag, 12. August 2017
Über das Open Air Basel, das Trinkwasserprojekte in Afrika unterstützt, aber die Wohnumgebung des Kasernenareals während dreier Tage mit überdrehten Lautsprecherboxen (gefühlte 100 Dezibel) terrorisiert, kein weiteres Wort. Kannitverstan.
Sonntag, 13. August 2017
Reingelegt. – Ich warte, in mein Smartphone starrend wie der letzte der Erdenbürger, auf den Bus. Da kommt ein junger, ganz proper aussehender Mann, schnellen Schritts auf mich zu, zeigt auf die öffentliche Telefonzelle direkt vor mir und bittet um etwas Kleingeld für ein dringendes Telefonat. Überrumpelt gebe ich ihm ein Zweifrankenstück (für ein Telefonat!). Er bedankt sich überschwänglich, tritt in die Kabine, greift zum Hörer – und legt diesen auch gleich wieder auf. Der Apparat sei defekt, er müsse zum nächsten, murmelt er, während ich noch halbwegs auf die Geldrückgabe warte. Ebenso schnell, wie er kam, ist er auch wieder verschwunden – während ich mir uneins bin, ob ich über sein perfektes Spiel staunen oder mich über meine eigene Blödheit ärgern soll.
[Springender Punkt: der Anschein der Glaubwürdigkeit. Kein Fake. Die Telefonzelle gab es faktisch, in Griffnähe, im Gegensatz zu den unzähligen «Notschlafstellen», die mir schon vorgegaukelt wurden. Und der Mann wirkte wie ein lässiger Versicherungsvertreter (was er ja vielleicht sogar war). Eine Lässigkeit, neben der ich nicht als schäbig im Portemonnaie nach Zwanzigrappenstücken Klaubender erscheinen wollte. Reicht das aus?]
Mittwoch, 16. August 2017
Bis Sils Maria Posta und nicht weiter.
Donnerstag, 17. August 2017
Fahrrad mit Biancograt